Der Europäische Gerichtshof hat in einem Grundsatzurteil die Hürden für EU-Staaten erhöht, Asylbewerber auf Basis nationaler Listen sicherer Herkunftsländer abzuweisen. Die Einstufung eines Landes als «sicher» sei nur zulässig, wenn dies «für die gesamte Bevölkerung in allen Regionen» gelte, entschieden die Luxemburger Richter.

Italiens Premierministerin Giorgia Meloni reagierte empört: Die Entscheidung sei «überraschend» und ein «Machtanspruch der Richter», sagte sie laut einem Bericht des Magazins Politico. «Wieder einmal beansprucht die Justiz, diesmal auf europäischer Ebene, Zuständigkeiten, die ihr nicht zustehen – auf Kosten politischer Verantwortung.»

Der Fall war durch zwei Männer aus Bangladesch ausgelöst worden, die nach ihrer Rettung aus dem Mittelmeer in ein italienisches Lager in Albanien gebracht worden waren. Sie klagten gegen die Ablehnung ihres Asylantrags mit Verweis auf Italiens Liste sicherer Länder, die Bangladesch aufführt.

Das Urteil untergräbt das Herzstück von Melonis sogenanntem Albanien-Modell. Seit 2023 lässt Italien Asylverfahren für bis zu 30.000 Migranten jährlich in Lagern auf albanischem Boden durchführen. Bereits italienische Gerichte hatten das Vorgehen mehrfach gestoppt.

Um das Modell zu retten, hatte die Regierung im Dezember neunzehn Staaten – darunter Ägypten und Bangladesch – als sicher erklärt. Nun droht auch dieser rechtliche Trick zu scheitern. Meloni kündigte an, alle technischen und juristischen Optionen zu prüfen, solange der neue EU-Migrationspakt noch nicht in Kraft ist.